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Johann Flunk (Biografie eines Rosenheimer Kommunisten)

Johann Flunk wurde am 02.06.1904 in Miesbach geboren. Aus einer Vernehmung vor Gericht erfahren wir relativ viel über seinen Lebenslauf und seine politische Entwicklung. In den Tagen vom 22. bis 25.05. sowie am 03.06.1939 stand er zusammen mit anderen wegen Vorbereitung zum Hochverrat vor dem Oberlandesgericht in München. Aus dem Prozessbericht ist folgendes zu entnehmen:

Flunk Johann stammt aus einer Bergarbeiterfamilie. Er wuchs in Feilnbach auf, wo er zunächst als Waldarbeiter sein Brot verdiente. Von 1919 bis 1923 arbeitete er in Rosenheim zuerst als Bauarbeiter und dann als Anstreicher in einer Maschinenfabrik. Später fand er Beschäftigung als Gärtner, als Erdarbeiter und bis 1928 als Bauarbeiter. Von da an bis zum Jahre 1933 gelang es ihm nur noch, jedes Jahr für einige Monate Gelegenheitsarbeiten zu erhalten. Von April bis Dezember 1933 war er in Schutzhaft. Nach seiner Entlassung wurde er in einem Möbeltransport- und Kohlengeschäft in Rosenheim als Hilfsarbeiter verwendet, wo er mit einem Wochenlohn von 30 RM bis zu seiner Festnahme verblieb. Er hat für seine Ehefrau, für ein unmündiges Kind und teilweise für seine Mutter zu sorgen. Er ist noch nicht bestraft. Von 1932 bis 1933 gehörte Flunk etwa ein Jahr lang der KPD und der RH (‚Rote Hilfe‘) an. Bei der RH war ihm das Amt eines Unterkassierers übertragen. Im Übrigen unterstützte er die KPD und ihre Propaganda als Maler und als Musiker bei den kommunistischen Veranstaltungen. Wegen dieser politischen Tätigkeit wurde er vom 26.04. bis zum 08.12.1933 in Schutzhaft genommen. Heute ist er Mitglied der DAF und des RLB (‚Reichsluftschutzbund‘).[1]

Johann Flunk wurde bei dem angesprochenen Prozess im Sommer 1939 „wegen eines Verbrechens der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“[2] zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, die durch die Untersuchungshaft als abgebüßt galten.

Wir bekommen eine Vorstellung davon, was für ein schweres Leben Johann Flunk hatte. Wie verzweifelt wird er nach einer geregelten Arbeit gesucht haben. Wie mühsam musste er sein sicherlich geringes Geld verdienen und dabei noch Frau, Kind und Mutter versorgen.

In Bezug auf seine politischen Tätigkeiten ist festzuhalten, dass er sich, wie mitgeteilt, offenbar bei der Herstellung von Transparenten, Plakaten und anderen Formen der Propaganda hervorgetan hat und manche Veranstaltung musikalisch begleitet haben dürfte.

Bevor er die erwähnte Gefängnisstrafe verbüßen musste, saß er bereits zwei Mal im KZ Dachau ein. Am 26.04.1933 stand er zum ersten Mal auf der Liste der Einzuliefernden.[3] Diese Liste vermerkt über ihn: „Eifriger Kommunist, soll bei der Herstellung des ‚Roten Sprachrohrs‘ beteiligt gewesen sein“. Es sei daran erinnert, dass dies die illegale Zeitung der Rosenheimer KPD-Ortsgruppe kurz vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten gewesen war.

Während im KZ Dachau ein Großteil der Listen mit der Entlassung von Häftlingen durch die SS vernichtet wurde, kann man aus ehemaligen Melde- und Polizeiakten erfahren, dass Flunk am 08.12.1933 wieder freikam.[4] Seine zweite Haftstrafe im KZ Dachau verbrachte er vom 30.07. bis zum 10.10.1938.[5] Als Grund wurden diesmal „illegale Sammlungen für kommunistische Schutzhäftlinge im KZ“ genannt.[6] Insgesamt war er also ca. zehn Monate dort inhaftiert. Wenn die Häftlinge im KZ Dachau ankamen, mussten sie oft durch ein Spalier von SS-Leuten laufen, wobei sie angespuckt, geschlagen und getreten wurden. Dann hatten sie alles abzugeben, was sie noch an Persönlichem bei sich hatten, also Eheringe, Fotos usw. Anschließend mussten sie sich nackt ausziehen. Man wollte sie von Anfang an erniedrigen und Stück für Stück ihrer Menschenwürde berauben. Man trieb sie in einen anderen Raum und rasierte ihnen alle Körperhaare ab, um sie weiter zu demütigen, ihrer Individualität zu berauben und schließlich nur noch als Nummern zu sehen. Die farblich unterschiedlichen Winkel an ihrer Jacke sollten sie für jeden sichtbar voneinander trennen, um Solidarität gar nicht erst aufkommen zu lassen.

All dies und vieles Schreckliche mehr dürfte Johann Flunk bereits an seinem ersten Tag erlebt haben, dem ersten von 300 nachfolgenden.


[1] ITS Digital Archive, Arolsen Archives, Copy of 1.2.2.1/11399924, Prozessbericht des Oberlandesgerichts München vom 03.06.1939, hier II. 2. Johann Flunk.

[2] ITS Digital Archive, Arolsen Archives, Copy of 1.2.2.1/11399913, Prozessbericht vom 03.06.1933.

[3] Überstellung von „Schutzhäftlingen“ in das KL Dachau, 10.03.–28.04.1933, S. 126, Archiv KZ-Gedenkstätte Dachau; NARA-Zugangsbuch, S. 104 / 18297, ITS Digital Archive, Arolsen Archives, Copy of 1.1.6.1/9908534, Verzeichnis der am 26.04.1933 aus Rosenheim eingelieferten Häftlinge in das KZ Dachau: Nr. 28 Johann Flunk und ITS 100/028.

[4] StadtA Ro, Akten, I B 2, Ehemalige Melde- und Polizeiakten, Akte Johann Flunk, MEL 13876, Entlassung aus dem KZ.

[5] Überstellung von „Schutzhäftlingen“ in das KZ Dachau, NARA Zugangsbuch Nr. 101, S. 039–040, ITS Digital Archive, Arolsen Archives Copy of 1.1.6.1/0001-0189/0093/0139 und ITS 139/034.

[6] StadtA Ro, Akten, I B 2, Ehemalige Melde- und Polizeiakten, Akte Johann Flunk, MEL 13876, Grund für zweite Inhaftierung im KZ Dachau.


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Andreas Salomon (6. Mai 2025). Johann Flunk (Biografie eines Rosenheimer Kommunisten). Rosenheimer Miszellen. Abgerufen am 23. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/13vgm


Andreas Salomon

Lokalhistoriker - im Bereich der Erinnerungs- und Gedenkkultur in Rosenheim und Umgebung - Räterepublik Kolbermoor

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